Nach dem Hungerstreik

Mitarbeiterinnen der Flüchtlingshilfe Nordstadt unterstützen die Demonstration der Geflüchteten im Hungerstreik von Bergisch Gladbach und solidarisieren sich mit deren Forderungen

Die Mitglieder der Flüchtlingshilfe Nordstadt solidarisieren sich mit den Forderungen der Geflüchteten in Berg. Gladbach, die in der vorletzten Woche aus Protest gegen die Verschleppung ihrer Anträge auf Aufenthaltserlaubnis und über die Mängel in der Zeltstadt Katternbach im Hungerstreik waren.
Am Montag Mittag, den 30.05.2016, standen ca. 60 Frauen und Männer aus der Unterkunft Katternbach im strömenden Regen auf dem Rathausplatz von Bergisch Gladbach und demonstrierten.
Sie sind größten Teils schon seit 9 Monaten in Deutschland und hatten bisher keinen Zugang zum Asylverfahren, alle wichtigen Veränderungen, Wohnung, Integrationskurs, Anerkennung sind somit in weiter Ferne.
Drei von diesen Menschen waren uns, den Helfern der Flüchtlingshilfe Nordstadt, persönlich bekannt, denn sie waren vor Weihnachten in der NU Hufschmiedstraße untergebracht und hatten an unseren Sprachlern-Angeboten teilgenommen. Sie alle zeichnet ein hoher Wille zur Integration aus. Das wurde auch auf den Plakaten sichtbar, die sie trugen.: „Wir wollen Integration statt Isolation“. „Danke Deutschland“.

Wir Mitarbeiterinnen in der Flüchtlingshilfe solidarisieren uns mit ihren Forderungen:

  • angemessene Unterkunft in Wohnungen
  • Zugang zum Asylverfahren
  • zügige Einladungen zu den Erstbefragungen des BAMF
  • Zugang zu Integrationskursen
  • Arbeitserlaubnis
  • Familienzusammenführungen

Einige Asylsuchende würden gerne nach Wuppertal zurück kommen, weil sie sich hier besser unterstützt gefühlt haben. Doch die Entscheidung liegt beim Bundesministerium und kann von der Stadt Wuppertal nicht beschleunigt werden.
Der Grund für diese lange Wartezeit ist das sog. „easy-gap“, eine bürokratische Umstellung, bei der in letzten Oktober Flüchtlinge ohne Registrierung durchgewunken wurden. Deren Akten sind nun irgendwo „versteckt“. Innenminister Jäger versprach schnelle Bearbeitung, doch wie will er die Aktenberge in Arnsberg zum Schmelzen bringen?
Inzwischen wurde den Demonstrierenden bessere Versorgung in der Zeltstadt und ein Umzug in das neue Containerdorf Pfaffendorf angeboten.
Warum die Geflüchteten aus der Hufschmiedstraße überhaupt nach Bergisch Gladbach gebracht wurden, wo es dort kaum Wohnungen gibt,

bleibt nach wie vor unverständlich. Es zeigt sich m.E, dass unser Instrument der Verteilung, der sog. Königsteiner Schlüssel, völlig ungeeignet ist, um den Aufenthalt von Neuankommenden zu organisieren. Dieser Schlüssel wurde in der Nachkriegszeit zur Verteilung von Gütern erarbeitet und Menschen sind keine Sachen!
Ein weiteres Problem stellt die Praxis der Verteilung von Familien dar. Ein psychisch akut kranker junger Mann wurde allein nach Wuppertal zugewiesen, während seine Mutter und die jüngeren Geschwister in Bergisch Gladbach nun eine Wohnung haben. Ein Antrag auf Ummeldung wurde durch das BAMF abgelehnt.
Das ist nur ein Beispiel von vielen, und diese werden sich mehren, weil in den Novellierungen der Asylgesetze die Familienzusammenführung an Bedeutung verliert. Dass aber auch junge Erwachsene oft traumatisiert sind und das Zusammenleben mit der Restfamilie für sie ein existentieller Halt bedeutet, wird nicht beachtet. Mit dieser Haltung der Bundes-Verwaltung werden Probleme produziert, die eine Integration erschweren. Menschen tauchen unter, oder driften ab in Krankheit oder Drogenmissbrauch, werden eventuell kriminell.


Wir fordern eine Willkommenskultur, die diesen Namen verdient, die Menschen als Individuen wahrnimmt und ihre Bedürfnisse ernst nimmt. Nur so kann Integration gelingen.

Wuppertal, den 8. Juni 2016-06-08 Renate Schatz
i. A des Arbeitskreises Würde und Standards der Flüchtlingshilfe Nordstadt.